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Arbeitsrecht und Praxis RA Richter

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Krankschreibung – Wann beweist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Krankheit?

Alles was Recht ist und praktisch von Nutzen

Wenn Mitarbeiter:innen länger krank sind, müssen sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegen. Ist die AU immer ein Beweis für Krankheit, so dass Arbeitgeber:innen Lohnfortzahlung leisten müssen?
⇒ Ausgangslage – die allgemeinen Regeln
Arbeitnehmer:innen müssen die AU spätestens nach 3 Kalendertagen vorgelegen. Arbeitgeber:innen können die AU früher verlangen. Arbeitgeber:innen müssen 6 Wochen Lohnfotzahlung leisten, im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
Bei einem neuen Arbeitsverhältnis beginnt die Pflicht zur Lohnfortzahlung erst nach einer ununterbrochenen Beschäftigung von 4 Wochen.
Bei derselben Krankheit sind Arbeitgeber:innen zur Lohnfortzahlung bis zu 6 Wochen verpflichtet. Bei erneuter Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit gilt weiterhin eine Pflicht zur Lohnfortzahlung,
* wenn vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens 6 Monate keine Arbeitsunfähigkeit bestand oder
* seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit 12 Monate vergangen sind.
Die Arbeitsunfähigkeit wird durch eine ärztliche AU nachgewiesen. Liegt sie vor, müssen Arbeitgeber:innen im Regelfall zahlen. Denn eine AU hat einen hohen Beweiswert dafür, dass eine Krankheit und damit Arbeitsunfähigkeit besteht.
Dagegen können Arbeitgeber:innen insbesondere nicht argumentieren, Ärzte/-innen seien ja häufig auf die Angaben der Patienten angewiesen. Deshalb könnten sie eine AU letztlich nicht überprüfen.
Aber ein AU beweist nicht immer eine Krankheit. Dazu folgender
⇒Fall
Eine Arbeitnehmerin hatte ihr Arbeitsverhältnis mit der richtigen Frist am 08.02. zum Ablauf des 22.02. gekündigt. Die Frist war so kurz, weil sie noch in der Probezeit war. Sie ging noch am 08.02. zum Arzt. Der stellte eine AU bis zum 22.02. aus. Die Arbeitgeberin zahlte kein Gehalt vom 08.02. – 22.02.. Die Arbeitnehmerin klagte auf Lohnfortzahlung.
Im Prozess machte die Arbeitgeberin geltend, die Arbeitnehmerin habe noch am 08.02. mit einem Kollegen telefoniert und ihm gesagt, dass sie in einer weiteren Tätigkeit bei ihrer Arbeit keinen Sinn sähe. Im Übrigen habe die Diagnose der AU auf „sonstige nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen“ gelautet (die Diagnose ist aus dem Code auf einer AU abzulesen). Daraus könne sich keine Krankheit von 2 Wochen ergeben. Schließlich habe die AU punktgenau den Zeitraum von der Kündigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfasst. Aus all´ diesen Gründen könne die AU nicht als Beweis für eine Krankheit gelten.
Die Arbeitnehmerin machte geltend, ihre Krankheit sei durch die AU bewiesen. Im Übrigen habe sie vor einem Burn – Out gestanden.
⇒Die Entscheidung
In der ersten und zweiten Instanz, Arbeitsgericht (ArbG) und Landesarbeitsgericht (LAG), gewann die Arbeitnehmerin den Prozess. Beide Instanzen waren der Ansicht, das Telefonat der Arbeitnehmerin mit einem Kollegen spreche nicht gegen eine Krankheit. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, ihrem Kollegen von einer Krankheit zu erzählen. Ihre Aussage, die Arbeit mache keinen Sinn mehr, könne sich auch einfach auf ihre Kündigung bezogen haben und nicht auf eine Krankheit.
In der dritten Instanz beim Bundesarbeitsgericht (BAG) verlor die Arbeitnehmerin den Prozess. Das BAG hat die Überlegungen der Vorinstanzen zum Telefonat der Arbeitnehmerin nicht für relevant gehalten. Allein die Tatsache, dass die AU genau den Zeitraum von der Kündigung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses umfasst habe, reiche aus, um ihren Beweiswert zu erschüttern. Deshalb habe die Arbeitnehmerin konkreter vortragen müssen, weshalb sie krank gewesen sei. Darauf sei sie auch im Prozess hingewiesen worden, habe aber auf die Hinweise nicht reagiert.
< ⇒Resümee
Vielleicht hätte der Prozess von der Arbeitnehmerin gewonnen werden können, wenn die Hinweise, ihr Vortrag zu einer Krankheit sei zu allgemein, beachtet worden wären.
Generell gibt es jetzt eine weitere Fallgruppe, in der das BAG eine Arbeitsunfähigkeit nur durch eine AU nicht ausreichend für bewiesen ansieht. Diese Fallgruppe schließt sich an folgende Situationen an, in denen auch in der Vergangenheit der Beweiswert von AU´s schon verneint wurde:
* Bei einer AU, die rückwirkend über mehr als zwei Tage ausgestellt wird.
Rückwirkende AU´s kann man darüber hinaus immer in Frage stellen.
* Bei einer AU, die als Folgebescheinigung ausgestellt wurde, obwohl es keine Erstbescheinigung gab.
* Bei einer AU, die abends kurz vor Feierabend von Angehörigen abgegeben wurde, nachdem im Verlaufe des Tages vom Arbeitgebern/-innen telefonisch vergeblich versucht wurde, Arbeitnehmer:innen zu erreichen.
* Bei einer AU, die vorher angekündigt wurde.
* Bei einer AU, die in direktem Anschluss an einen Auslandsurlaub ausgestellt wurde, nachdem das mehrfach geschehen war.
Die Überlegung muss dabei immer sein, ob es zweifelhafte Umstände in Zusammenhang mit einer AU gibt. Arbeitgeber:innen können dann die Lohnfortzahlung verweigern.
Wenn Arbeitnehmer:innen dagegen klagen, und wenn das Gericht auch zweifelhafte Umstände sieht, müssen sie im Prozess konkrete Angaben zu ihrer vermeintlichen Krankheit machen. Ggf. müüsen sie ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden.
Wenn bei einer bescheinigten AU bei anderen Arbeitgebern gearbeitet wird, kann auch eine Kündigung möglich sein. Das kann aber auch schief gehen.

Dazu > Fristlose Kündigung wegen Nebenbeschäftigung bei Krankheit

> 05472 9789040
> kanzlei@arbeitsrechtundpraxis.de

> Kanzlei für Arbeitsrecht und Praxis