Das Handelsgesetzbuch (HGB) sieht in den §§ 74 ff bindende Regeln für die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverboten vor. Diese Regeln gelten aber nur für Vereinbarungen mit Arbeitnehmern/-innen, nicht für Vereinbarungen mit Gesellschaftsorganen (GmbH Geschäftsführer, AG Vorstandsmitglieder). Welche Regeln gelten dann für Geschäftsführer:innen? Und welche Regeln gelten für sie bei einem Widerruf nachvertraglicher Wettbewerbsverbote?
⇒Karenzentschädigung
Im HGB ist unter anderem geregelt, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur wirksam ist, wenn das Unternehmen eine sog. Karenzentschädigung zusagt. Fehlt diese Zusage, können Arbeitnehmer:innen wählen: Sie können sich an das Wettbewerbsverbot halten und eine Karenzentschädigung verlangen. Oder sie halten sich nicht an das Wettbewerbsverbot.
Ist es möglich mit Geschäftsführer:innen wirksam ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Entschädigung zu vereinbaren? Im Ergebnis ist das möglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist das Wettbewerbsverbot nicht allein wegen einer fehlenden Entschädigung nichtig.
Es kann aber aus anderen Gründen unwirksam sein. Ob dies der Fall ist, entscheidet die Rechtsprechung insbesondere der Oberlandesgerichte nach Kriterien der Sittenwidrigkeit. Dafür kann es auch eine Rolle spielen, ob ein Wettbewerbsverbot einerseits sehr weit gefasst ist, andererseits aber dafür keinerlei Entschädigung vorsieht.
So wurde eine Vereinbarung der Untersagung jeglicher Konkurrenztätigkeit für die Dauer von 2 Jahren ohne Karenzentschädigung als sittenwidrig und damit nichtig eingestuft. Ebenso wurde eine Regelung eingestuft, die jegliche Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen untersagte, obwohl sie eine Karenzentschädigung vorsah: Es sei sittenwidrig, dass dem Gesellschaftsorgan jegliche Tätigkeit – d.h. auch eine in der Hierarchie unterhalb einer Organstellung – untersagt werde; diese Regelung gehe im Verhältnis zum Recht auf freie Berufsausübung zu weit, eine Karenzentschädigung ändere daran nichts.
Eher wirksam könnte nach der Rechtsprechung eine Klausel sein, die eine Tätigkeit als Organ oder auch eine Stellung als Mehrheits- oder als maßgeblich für Entscheidungen beteiligter Gesellschafter untersagt, aber gleichzeitig eine angemessene Karenzentschädigung vorsieht. In dieser Variante sei zwar das Risiko einer Umgehung der Klausel gegeben, weil das ehemalige Organ dann z.B nur als Abteilungsleiter:in o.ä. in einem Konkurrenzunternehmen aktiv werden und das Wissen aus der Vorbeschäftigung so dem neuen Unternehmen zugute kommen lassen könne. Dieses Risiko ist aber nach Entscheidungen von Oberlandesgerichten hinzunehmen!
⇒ Konsequenz einer unwirksamen Wettbewerbsvereinbarung
Im Anschluss an die erwähnte BGH Rechtsprechung führt eine Unwirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht dazu, dass Geschäftsführer:innen mit der Begründung eine Entschädigung verlangen können, dass sie sich an die Wettbewerbsbeschränkungen halten wollen. Sie haben also anders als Arbeitnehmer:innen kein Wahlrecht.
⇒ Widerruf nachvertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen
Es kann nicht vertraglich vereinbart werden, dass das Unternehmen nach Vertragsende auf ein Wettbewerbsverbot jederzeit mit der Folge verzichten kann, keine Entschädigung zahlen zu müssen. Eine solche Vereinbarung wäre unwirksam.
⇒ Praktische Konsequenzen
Bei der Frage der Sittenwidrigkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist der „rote Faden“ der Rechtsprechung, ob das Verbot in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das Notwendige beschränkt bleibt. Es geht um die Kriterien Dauer, regionale, nationale oder sogar internationale Begrenzung, sowie Art der untersagten Tätigkeit. Ein grundsätzliches Gestaltungsprinzip wirksamer Vereinbarungen muss sich daher so orientieren, dass zeitliche, örtliche und gegenständliche Inhalte eher restriktiv, Höhen von Karenzentschädigungen eher großzügig gehandhabt werden.
Als Konsequenz der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Widerrufsmöglichkeiten vereinbarter Wettbewerbsverbote kann es ein Lösungsweg sein, sich auf eine zeitlich begrenzte Weiterzahlung einer Entschädigung im Falle eines Widerrufs zu einigen.
Für einen vollständigen Überblick über das Thema Wettbewerbsverbot
> Arbeitsvertrag Wettbewerbsverbote – Arten, Folgen, geheime Wettbewerbsverbote zwischen Arbeitgebern
> 05472 9789040
> kanzlei@arbeitsrechtundpraxis.de