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Arbeitsrecht und Praxis RA Richter

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Geschäftsführer Kündigung:
zuständiges Gericht – Mutterschutz – schwerbehindert

Alles was Recht ist und praktisch von Nutzen

Das Thema ist die Frage eines Kündigungsschutzes für Geschäftsführer:innen. Die Frage stellt sich in zweierlei Hinsicht: Gibt es einen generellen Kündigungsschutz und/oder gibt es einen besonderen Kündigungsschutz, z.B. beim Mutterschutz oder Schwerbehinderung. Die Antwort auf die Frage führt auch zu einer unterschiedlichen Zuständigkeit von Gerichten. Einen generellen oder besonderen Kündigungsschutz gibt es nur bei Arbeitsgerichten; sie entscheiden über die Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmer:innen. Sind Geschäftsfüher:innen keine Arbeitnehmer:innen, wird über Kündigungen, gleichgültig von welcher Seite erklärt, von den Zivilgerichten entschieden.
⇒ Als Ausgangssituation dient folgender Fall
Eine Geschäftsführerin einer GmbH hatte einen Dienstvertrag – nicht einen Arbeitsvertrag! – abgeschlossen. Sie kündigte diesen Anfang Juli zum Ende des nächsten Kalenderjahres. Ende Juli desselben Monats kündigte die GmbH das Anstellungsverhältnis fristlos. Am selben Tag berief die Gesellschaftersammlung die Geschäftsführerin ab. Die Geschäftsführerin klagte gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht.
Sie argumentierte u.a., die Gesellschafter hätten sie sehr eng geführt. So habe sie den Inhalt von Präsentationen oder Tischvorlagen überarbeiten müssen. Auch sei sie als Geschäftsführerin von den Gesellschaftern abberufen worden; die Möglichkeit der Abberufung von Geschäftsführer:innen durch die Gesellschafter einer GmbH belege eine hohe Abhängigkeit der Geschäftsführung. Zudem habe das Integrationsamt der Kündiung nicht zugestimmt; sie sei mit einem Behinderungsgrad von 50% schwerbehindert. Schließlich stellten auch ihre Einkünfte als Geschäftsführerin ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage dar, so dass sie in hohem Maße abhängig gewesen sei.
⇒ Die Entscheidung
Im Folgenden ist nicht die Rechtmäßigkeit der Kündigung selbst Thema, sondern im Anschluss an die Einleitung die Frage des zuständigen Gerichts.
Der Prozess lief über drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit: Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht hatten sich für zuständig erklärt, das Bundesarbeitsgericht (BAG) war dagegen der Meinung, die Arbeitsgerichte seien nicht zuständig.
Das BAG verwies deshalb den Rechsstreit an den Zivilrechtsweg, hier an das Landgericht.
> zur Interessenlage
Der Fall macht deutlich, dass es bei entsprechenden Rahmendingungen aus taktischen Gründen Sinn machen kann, bei einer Kündigung von Geschäftsfüher:innen darüber nachzudenken, ob man Klage vor dem Landgericht oder dem Arbeitsgericht erhebt. Ist die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zuständig, ist deshalb der Prozess noch nicht verloren. Er wird, wie hier vom BAG, an das Zivilgericht verwiesen.
Die Geschäftsführerin hoffte, dass ihre fristlose Kündigung durch die GmbH beim Arbeitsgericht an den Maßstäben der höheren Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmer:innen und damit strenger gesprüft werde. Wenn der Geschäftsfüheranstellungsvertrag kein Arbeitsvertrag ist, ist er ein Dienst- bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung sind in dem Fall ungleich einfacher.
> Zuständiges Gericht
Ob ein Arbeitsgericht zuständig ist, bestimmt sich nach dem Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)). Danach entscheiden die Arbeitsgerichte über die Wirksamkeit von Kündigungen von Arbeitnehmern/innen. Da die Geschäftsführerin einer GmbH diese vertritt, § 35 GmbHG, ist sie keine Arbeitnehmerin (§ 5 ArbGG.
So klar diese Regelung zu sein scheint: Wenn die Geschäftsführerin im Fall damit argumentierte, sie sei eng geführt worden, zielte dies darauf ab, diesen Arbeitnehmer:innen Begriff des ArbGG in Frage zu stellen. Es gibt auf EU Ebene einen anderen Begriff, sie wollte erreichen, dass dieser zugrunde gelegt wird. Der für die EU geltende Begriff definiert Arbeitnehmer:innen „nur“ als Personen, die während einer bestimmten Zeit für andere nach deren Weisung Leistungen erbringen; als Gegenleistung erhalten sie eine Vergütung. Der nationale Arbeitnehmerbegriff ist enger; für diesen ist entscheidend, wie weit im Einzelfall die Weisungsgebundenheit geht. Insbesondere ist entscheidend, ob Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmt werden können (≠ Arbeitnehmer:in) oder nicht (= Arbeitnehmer:in). Das nationale Recht wird in weiten Bereichen von EU – Recht überlagert. Nach dem BAG gilt aber Für den Begriff Arbeitnehmer:in im ArbGG nationales Recht.
Dagegen gilt zum Beispiel beim Mutterschutz der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff; nach dem europäischen Gerichtshof EuGH ist die Kündigung einer Geschäftsführerin in der Schwangerschaft unwirksam.
Die Geschäftsfüherin hatte im Fall versucht, mit Beispielen einer engen Führung eine enge Weisungsgebundenheit darzulegen. Aus Sicht des BAG mag dies für Einzelfälle zutreffend und damit ggf. auch für den unionsrechtlichen Arbeitnehmer:innen Begriff ausreichend gewesen sein, Der Vortrag beinhalte aber nicht, dass die gesamte Art und Weise der Tätigkeit wesentlich durch eine enge Führung geprägt gewesen sei; er erfülle deshalb nicht den nationalen Arbeitnehmer:innen Begriff. Die Geschäftsführerin sei auch nicht zu einer Arbeitnehmerin geworden, weil sie als Geschäftsführerin abberufen worden sei. Die Abberufung mache aus einem Dienstvertrag keinen Arbeitsvertrag, sondern sei ein Mechanismus des GmbH Gesetzes zur Regelung des Verhältnisses von Gesellschafter:innen und Geschäftsfüher:innen.
Die Arbeitsgerichte entscheiden auch über die Kündigungen sog. arbeitnehmerähnlicher Personen. Begrifflich geht es dabei um Selbständige, die wirtschaftlich ähnlich abhängig sind wie Arbeitnehmer:innen. Das ist z.B. bei Handelsvertreter:innen der Fall, die nur für eine Firma tätig sind. Auch darauf wollte die Geschäftsführerin mit dem Argument hinaus, ihre Einkünfte stellten ihre Existenzgrundlage dar. Nach dem BAG führen zwar die vertraglichen Bezüge zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, aber die Stellung als Geschäftsführer räume nach dem GmbHG mit der Vertretung der Gesellschaft Kompetenzen ein, die arbeitgeberähnlich, nicht aber arbeitnehmerähnlich seien.
Weil im Ergebnis die Geschäftsführerin nicht als Arbeitnehmerin gesehen wurde, musste auch das Integrationsamt der Kündigung nicht zustimmen. Die Zustimmung ist bei Schwerbehinderten vor einer Kündigung erforderlich. Der Schwerbehindertenschutz gilt aber für Arbeitnehmer:innen. Jedenfalls in diesem Fall war die Geschäftsführerin keine Arbeitnehmerin.
⇒ Resümee
Das Anstellungsverhältnis von GmbH Geschäftsfüher:innen ist in der Regel ein Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis. Wollen sie ein Arbeitsverhältnis geltend machen, sind die Hürden sehr hoch: Sie müssen detailliert eine durchgehende enge Weisungsgebundenheit vortragen und ggf. beweisen.
Es entsteht auch kein Arbeitsverhältnis, wenn Geschäftsführer:innen von den Gesellschaftern abberufen werden; eine Abberufung ist jederzeit und ohne Gründe möglich.
Anders ist die Situation, wenn Arbeitnehmer:innen zu Geschäftsfüher:innen berufen werden, ohne dass gleichzeitig ein Arbeitsvertrag durch einen Dienstvertrag ersetzt wird. Dann ruht der Arbeitsvertrag und lebt wieder auf, wenn eine Abberufung von der Geschäftsführungsfunktion erfolgt.

Der Arbeitnehmerbegriff spielt auch eine Rolle, wenn es um die Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern geht; dazu > Geschäftsführer Sozialversicherungspflicht

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