Benutzerkonto bei Facebook – können Erben auf das Konto zugreifen?
Alles was Recht ist und praktisch von Nutzen
Wer ein Benutzerkonto bei Facebook oder anderen sozialen Netzwerken unterhält, hat einen Vertrag mit dem Anbieter geschlossen. Wenn dieser Vertrag nach dem Tod des Inhabers des Benutzerkontos auf die Erben übergeht, muss das soziale Netzwerk die Zugangsdaten den Erben nennen und die Erben erhalten den Zugriff auf die Inhalte. Das gilt für alle Inhalte, ob vermögensrechtliche oder höchstpersönliche.
Soziale Netzwerke haben häufig Regeln zum sogenannten Gedenkzustand in ihren Vertragswerken. So hatte Facebook im Hilfebereich eine Regelung hinterlegt, nach der die Erben keinen Zugang zu einem Benutzerkonto erhalten, wenn sie den Tod des Kontoinhabers mitteilen. Dazu ein vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedener Fall:
Eltern hatten als Erben geklagt, nachdem ihre Tochter, die Inhaberin eines Benutzerkontos, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war; sie hatte sich vor eine U-Bahn geworfen. Facebook hatte den Eltern einen Zugriff auf das Benutzerkonto verwehrt. Der BGH hat Regelungen zum Gedenkzustand für unwirksam erklärt: Für das Gericht sind die Regelungen auch dann unwirksam, wenn die Nachrichten, die über das Benutzerkonto ausgetauscht werden, von den Nutzern als vertraulich angesehen werden; denn jedem Nutzer müsse klar sein, dass Nachrichten zwischen „nur“ zwischen Benutzerkonten ausgetauscht werden, ohne dass man sich darauf verlassen kann, dass nur der Kontoinhaber selbst diese liest. Wenn eine Nachricht versendet worden ist, sei sie nicht mehr kontrollierbar. Kurz gesagt: Man kann sich eben nur darauf verlassen, dass eine Nachricht beim Empfängerkonto eingeht, nicht aber bei einer bestimmten Person.
Für das Gericht spricht auch nicht das Fernmeldegeheimnis dagegen, dass die Regelungen unwirksam sind. Das Telekommunikationsgesetz (TKG) verbietet den Diensteanbietern, sich oder anderen Kenntnis vom Inhalt oder näheren Umständen des Informationsaustausches zu verschaffen; eine Ausnahme gilt nur insoweit, als die Technik und der Schutz der technischen Systeme eine Kenntnis erfordern. Ein Erbe sei aber nicht ein anderer, sondern er trete an die Stelle des Verstorbenen.
Schließlich spricht für das Gericht auch nicht der Datenschutz dagegen, dass die Regelungen unwirksam sind. Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sei eine Datenverarbeitung – hier die technische Verarbeitung des Versendens von Nachrichten zwischen Benutzerkonten – zulässig, wenn sie der Erfüllung eines Vertrages dient; Vertrags-partner ist nach dem Tod der Erbe; das Erbrecht sei auch durch das Grundgesetz (GG) geschützt (Art 14 GG).
Das Gericht hat ausdrücklich den Eltern das berechtigte Interesse zuerkannt, über die Nachrichten des Benutzerkontos Aufschluss darüber zu erhalten, ob ihre Toch-ter Selbstmordabsichten hatte (höchstpersönliche Inhalte). Es hat den Eltern auch das Recht zuerkannt, über das Benutzerkonto eventuell Informationen darüber zu erhalten, ob und wie sie Schadensersatzansprüche der U-Bahn Gesellschaft (vermögensrechtliche Inhalte) abwehren können.