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Arbeitsrecht und Praxis RA Richter

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Kündigung des Arbeitsvertrages:
Wann geht eine Kündigung zu? Bedeutung für Fristen und Klage

Alles was Recht ist und praktisch von Nutzen

Wofür ist der Zugang einer Kündigung wichtig? Der Zugang einer Kündigung entscheidet darüber, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde. Bei der Kündigung müssen Fristen eingehalten werden. Das gilt für fristlose Kündigungen ebenso wie für fristgemäße.
Für fristgemäße Kündigungen ergeben sich die Kündigungsfristen aus dem Gesetz oder aus dem Arbeitsvertrag oder aus einem Tarifvertrag. Die Kündigungsfrist beginnt mit dem Zugang der Kündigung. Beträgt z.B. bei einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist 4 Wochen zum 15. eines Monats, und soll ein Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 15. April 2020 – das ist ein Mittwoch – beendet werden, muss die Kündigung am 18. März 2020 – das ist auch ein Mittwoch – zugegangen sein. Bei einer fristlosen Kündigung muss die Kündigung innerhalb von 2 Wochen zugehen, nachdem die Kündigungsgründe bekannt sind. Muss ein Betriebsrat angehört werden, muss auch diese Anhörung innerhalb der 2 Wochen erfolgt sein.
Bei einer Klage gegen eine Kündigung entscheidet der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Eingang der Klage beim Arbeitsgericht darüber, ob eine Klage wirksam erhoben wurde. Will man gegen eine Kündigung klagen, muss die Klage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Folgender Fall wurde gerichtlich entschieden:
Ein Arbeitgeber (ArbG) kündigte einem Mitarbeiter (MA) fristlos. Die Firma des ArbG´s liegt in Baden-Württemberg, der MA wohnte in Frankreich im Ort B. Der ArbG ließ die Kündigung in B an einem Freitag – 27.1. – um 13:25 Uhr in den Hausbriefkasten des MA einwerfen. In B ist die Postzustellung üblicherweise täglich bis 11:00 Uhr beendet. Der MA klagte gegen die Kündigung. Die Klage ging am 20.2. – einem Montag – beim Arbeitsgericht ein.
Der ArbG argumentierte: Da die Kündigung am Freitag, dem 27.1., zugegangen sei, sei die Klage zu spät beim Arbeitsgericht eingegangen und deshalb abzuweisen. Die Klage hätte innerhalb von 3 Wochen, also spätestens am Freitag, dem 17.2., bei Gericht eingehen müssen. Der MA argumentierte: Die Kündigung sei nicht am Freitag, dem 27.1., zugegangen, sondern erst am Samstag, dem 28.1.. Deshalb habe die 3 Wochen Frist am Samstag, dem 18.2., geendet; und da dies ein Samstag war, sei die Frist erst am folgenden Montag, dem 20.2., abgelaufen. Deshalb sei die Klage wirksam eingelegt.
Am Argument des MA ist jedenfalls richtig, dass eine Frist erst am folgenden Werktag endet, wenn der letzte Tag einer Frist auf einen Samstag fällt. Dasselbe gilt, wenn ein Fristende auf einen Sonntag oder Feiertag fällt. Dennoch verlor der MA den Prozess beim Arbeitsgericht (ArbG) und beim Landesarbeitsgericht (LAG). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hob das Urteil auf und verwies die Entscheidung zurück an das LAG. Die Begründung des BAG:
Das LAG hatte argumentiert, es könne generell damit gerechnet werden, dass Schriftstücke, die bis 17:00 Uhr in den Hausbriefkasten geworfen werden, noch am selben Tag zur Kenntnis genommen werden. Daher sei die Kündigung am 27.1. zugegangen und die Klage hätte spätestens am 17.2. beim Gericht eingehen müssen. Dieser Argumentation liegt die Überlegung zugrunde, dass üblicherweise Briefkästen nach Rückkehr von der Arbeit geleert werden und deshalb regelmäßig nach 17:00 Uhr.
Das BAG hält diese Argumentation für falsch: Bei dieser Sichtweise würden große Teile von Beschäftigungen wie Home-Office, geringfügig Beschäftigte, Schicht- und Teilzeitarbeitnehmer nicht berücksichtigt. Nach dem BAG müssen Fragen danach, wann Schriftstücke zugegangen sind, nach den üblichen Gegebenheiten bei den Bewohnern in einer konkreten Region beantwortet werden; eine generelle Regel, ab welchem Zeitpunkt nach dem Einwurf in einen Hausbriefkasten noch mit einer Kenntnisnahme eines Schriftstückes gerechnet werden kann, gibt es nicht.
Praktische Konsequenzen: Wer ein Schriftstück zur Wahrung einer Frist rechtssicher zustellen will, hat es mit dieser Rechtsprechung offensichtlich schwer, da es keine allgemeingültige Regel gibt. Dies insbesondere auch deshalb, weil derjenige, der zustellt, in einem Prozess den Zugang und damit einen Fristbeginn beweisen muss. Da in dem entschiedenen Fall feststand, dass im Ort B üblicherweise bis 11:00 Uhr die Post in den Hausbriefkästen liegt, muss deshalb der ArbG in dem neuen Prozess vor dem LAG beweisen, dass trotz Einwurfes erst um 13:25 Uhr davon ausgegangen werden konnte, dass der MA noch am selben Tag von der Kündigung Kenntnis nehmen würde. Ob ihm das in dem neuen Prozess gelungen ist, ist (noch) offen.
Bei einem Einwurf um 13:25 Uhr in Deutschland werden Gerichte wohl mehrheitlich einen Zugang noch an diesem Tage annehmen; die Zeiten, dass die Sendungen bereits bis mittags in den Briefkästen liegen, sind in den meisten Regionen vorbei; mit den neuen privaten Zustelldiensten außer der Post gilt das erst recht. Aber ist das sicher? Es mag auch in Deutschland Regionen wie den Ort B in Frankreich mit der Folge geben, dass man nur mit einem Einwurf am frühen Vormittag sicher von einer Kenntnisnahme noch an diesem Tag ausgehen kann.
Mit dieser Rechtsprechung gibt es absolute Sicherheit nur, wenn Schriftstücke durch Boten oder Kurierdienste zugestellt werden, und diese einen Vermerk erstellen, dass ein benanntes Schriftstück zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen konkreten Hausbriefkasten eingeworfen wurde. Mit diesem Vermerk ist die Zustellung dann auch jederzeit beweisbar.
Diese letzte Sicherheit bieten weder Einwurfeinschreiben noch Einschreiben mit Rückschein.
Und: ArbGe´er und MA´er sollten bei Fristen nicht den letzten Tag ausreizen.
> Kanzlei für Arbeitsrecht und Praxis